Von Luca Gromball
Einleitung
Extreme Wetterereignisse wie Hochwasser in Flussgebieten sowie Hitzeperioden und Dürren sind längst keine fernen Bedrohungen mehr, sondern konkrete Auswirkungen des Klimawandels, die auch in Deutschland zunehmend spürbar sind [1]. Aktuelle Klimaprojektionen verdeutlichen, dass eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels auch bei verstärktem Handeln unerlässlich sein wird [2]. Auf lokaler bis globaler Ebene erfordert dies rasche und effektive Maßnahmen sowie einen entschiedenen politischen Willen. Da Klimawandelfolgen die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereiche und besonders vulnerable Gruppen wie Kinder und ältere Menschen betreffen, müssen Anpassungsbestrebungen durch verschiedene zentrale Akteure, wie Kommunen, Unternehmen und die Politik vorangetrieben werden. Im Folgenden werden dazu unterschiedliche Medien vorgestellt, die sich mit den Themen Klimafolgen und Klimaanpassung befassen und dabei verschiedene Kontexte, Zielgruppen und Herangehensweisen berücksichtigen.
Klimaanpassung in Städten - Das Projekt ExTrass
Klimaanpassung ist vor allem in urbanen Regionen ein zunehmend relevantes Handlungsfeld. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt „Ex-Trass” verfolgt daher seit 2017 das Ziel, deutsche Groß- und Mittelstädte an extreme Wetterereignisse wie Hitze und Starkregen anzupassen [3]. Am Beispiel der drei Fallstudienorte Potsdam, Würzburg und Remscheid werden urbane Resilienz und Anpassung in der Praxis betrachtet. Ziele des Projektes sind es, relevante Akteure in Städten zu Anpassungshandlungen zu befähigen, interkommunalen Austausch und Transfer zu fördern, vulnerable Gruppen durch wirksame Risikokommunikation zu sensibilisieren und die Resilienz in den Projektstädten umfassend zu stärken [4]. Aus dem Projekt sind bereits einige Medien hervorgegangen, die unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. Verschiedene Akteur*innen – z.B. Kommunalverwaltungen, Planer*innen, Bürger*innen oder Unternehmen – können damit für sie zugeschnittene Informationen rund um das Thema Klimaanpassung finden. Dazu zählen zum einen Online-Kurse für die private Vorsorge, Bildungsangebote für Bürger*innen (z.B. ein Klimarundgang in Würzburg) sowie Handlungsempfehlungen für kommunale Akteure. Zum anderen sind auch Weiterbildungsangebote für die Feuerwehr (z.B. Planspiele) oder Handlungsempfehlungen für Institutionen, die mit vulnerablen Gruppen arbeiten (z.B. Kindertagesstätten und Pflegeheime), zu finden. Diese Beiträge für die Praxis können auf der Projektseite abgerufen werden. Einen praxisnahen Einblick in urbane Anpassung und die umgesetzten Maßnahmen an den drei Fallstudienorten zeigt zudem der entstandene Projektfilm:
Eine Seminarstudie zur Klimawandelfolgenanpassung niedersächsischer Landkreise
Der Klimawandel stellt auch Landkreise vor enorme Herausforderungen. Sie müssen neben ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen zunehmend auch die wirksame Anpassung, an die nicht mehr vermeidbaren Klimawandelfolgen auf den Weg bringen. Zu diesen Klimawandelfolgen gehören u.a. zunehmende Extremwetterereignisse (Hitze, Trockenheit, Starkregen), die z.T. erhebliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die bauliche Infrastruktur haben können. In einem transdisziplinären Forschungsseminar zum "Kommunalen Klimamanagement in Niedersachsen" wurde sich daher im Sommersemester 2023 an der Leuphana Universität Lüneburg in fünf Arbeitsgruppen mit dem Stand der Klimawandelfolgenanpassung in niedersächsischen Landkreisen beschäftigt. Die Ergebnisse werden in fünf Teilstudien zu den Themen Hitze, Grundwasser, Hochwasser, Landwirtschaft und vulnerable Gruppen dargestellt [5]. Dabei werden jeweils Handlungsempfehlungen für die Landkreise entwickelt. Die Seminarstudie mit dem Titel „Resilient in die Zukunft? Niedersächsische Landkreise im (Klima)Wandel“ kann auf dem Repositorium der Leuphana Universität Lüneburg eingesehen werden.
Planspiel für Unternehmen - Anpassung an den Klimawandel spielerisch lernen
Auch Unternehmen sind von den Folgen des Klimawandels betroffen und müssen sich langfristig an die sich wandelnden Bedingungen anpassen. Eine kreative Art Klimaanpassung und den Umgang damit in Unternehmen einzuführen stellt das vom Bundesumweltministerium geförderte Planspiel „MainKassandra“ dar [6]. Mit dem Planspiel können Unternehmen zu ihrer nachhaltigen Weiterentwicklung beitragen und ihren Mitarbeiter:innen eine Möglichkeit bieten, sich mit den Wechselwirkungen von Klimaschutz und Klimaanpassung im Kontext ihrer Unternehmenstätigkeit zu beschäftigen. Während des Planspiels nehmen die Teilnehmer:innen fiktive Rollen ein und treffen Entscheidungen für ein Unternehmen, das von Folgen des Klimawandels betroffen ist. So können sich die Teilnehmer*innen darin üben, geeignete Anpassungsmaßnahmen für ein Unternehmen zu treffen. Dabei ist kein Vorwissen zu Klima und Nachhaltigkeit nötig. Das Planspiel soll in Unternehmen die Motivation steigern, Klimaanpassung in der unternehmerischen Praxis anzuwenden und dabei helfen, ein Verständnis für Grundbegriffe und Wechselwirkungen zu entwickeln.
Podcast „Angepasst?!” des Zentrum Klimaanpassung (ZKA)
Für diejenigen, die sich gerne über Podcasts informieren, bietet das Zentrum für Klimaanpassung (ZKA) eine geeignete Möglichkeit, dies auch zum Thema Klimaanpassung zu tun. Das ZKA unterstützt Kommunen bundesweit beim Einstieg in die Klimaanpassung und berät sie in verschiedenen Wissensbereichen, z. B. in der Beantragung von Fördermitteln [7]. Das ZKA organisiert unter anderem die jährlich stattfinde „Woche der Klimaanpassung” mit Workshops und Austausch zu Klimaanpassung in Kommunen [8]. In ihrem Podcast „Angepasst?!" behandeln sie in bisher acht Episoden (Stand Dezember 2023) unterschiedliche Themen im Zusammenhang mit Klimaanpassung, wie beispielsweise naturbasierte Lösungen der Anpassung, Anpassung im ländlichen Raum sowie die Auswirkungen der Klimakrise auf vulnerable Gruppen. Das ZKA beschreibt ihre Inhalte dabei folgendermaßen: „In unserer Podcastreihe "Angepasst?!" möchten wir das facettenreiche Wissen zum Thema Klimaanpassung im Audioformat vermitteln. Unsere Moderatorin Daniela Ulbing spricht mit Expert*innen, Wissenschaftler*innen, Menschen vor Ort und auch den ZKA Kolleg*innen über die Auswirkungen der Klimakrise und wie wir denen entgegen steuern können, über Strategien, Konzepte und deren konkrete Entwicklung und Umsetzung. Es geht uns alle an!” [9]. Neben dem Podcast verfügt das ZKA über eine Website (https://zentrum-klimaanpassung.de/) und einen Youtube-Kanal (https://www.youtube.com/@zentrumklimaanpassung) mit hilfreichen Materialien und Anlaufstellen.
Digitale Fotoausstellung zur Klimaanpassung - Kreative Wege der Klimazwillinge Düsseldorf und Toulouse
Im Rahmen des EU-Projekts „LIFE Green Heart” fand im Jahr 2021 in Düsseldorf und Toulouse ein europäischer Fotowettbewerb zum Thema Klimaanpassung statt [10]. Und das nicht zufällig in diesen beiden Städten: Düsseldorf und Toulouse sind sogenannte Klimazwillinge. Laut der Stadt Düsseldorf verbindet die beiden Städte nicht nur eine langjährige Städtefreundschaft, sondern auch das Klima: „Untersuchungen zeigen, dass Toulouse der Klimazwilling von Düsseldorf ist. Es wird erwartet, dass sich die Temperaturen in Düsseldorf gegen Ende des Jahrhunderts denjenigen von Toulouse heute annähern werden” [11]. Das bietet die Möglichkeit in Sachen Klimaschutz und Klimaanpassung viel voneinander zu lernen. Welche Maßnahmen und Konzepte eignen sich, um der erwarteten Hitze zu begegnen? Welche Herausforderung gab es bei der Implementation von Maßnahmen und wie können diese bei der Durchführung des Klimazwillings direkt adressiert und schneller überwunden werden? Der Austausch zwischen den Städten kann effektive und effiziente Anpassung fördern und wertvolle Ressourcen bündeln. Das Konzept der Klimazwillinge wird daher zunehmend von Städten angewendet. Der Austausch findet jedoch nicht nur politisch und wissenschaftlich statt, sondern wird z. B. auch über künstlerische Wege erweitert. Die Ausstellung „Klimaanpassung Düsseldorf und Toulouse – ein europäischer Fotowettbewerb" konnte 2021 in den jeweiligen Städten vor Ort besucht werden [12]. In beiden Städten wurde das Thema Klimaanpassung im Rahmen von lokalen Gewässern betrachtet, um sich kreativ mit Klimafolgen für Gewässer und Gewässerrenaturierung auseinanderzusetzen. Die Siegerfotos können auch als digitale Ausstellung betrachtet werden.
Climate Poetry Slam - Gedanken und Gefühle zu Klimawandel, -folgen und Anpassung in Worte fassen
Nachrichten zum Klimawandel und dessen Folgen, können Überforderung, Wut, Lähmung, Angst und Hoffnung zugleich in uns auslösen. Klimaangst ist dabei längst kein vereinzeltes Phänomen mehr, sondern ein immer häufiger auftauchendes Gefühl, das sich vor dem Hintergrund zunehmend präsenter werdender Klimawandelfolgen verbreitet [13]. Um damit umzugehen, brauchen wir hilfreiche Strategien und Ventile. Prosatexte, Gedichte und Poetry Slams können Wege sein, um diesen Gefühlen Ausdruck zu verleihen und sie mit anderen zu teilen. In Dresden wurde das 2021 mit dem ersten Dresdner Climate Slam angegangen. „Hitzewellen, Trockenheit, Waldbrände, Sturm und Hochwasser - die Klimakrise zeigt ihre Auswirkungen schon lange, doch welche chaotischen Kräfte die Krise im Inneren von uns Menschen auslöst, steht in keiner Berichterstattung”, so die BUNDjugend Dresden, die den Climate Poetry Slam veranstaltete [14]. Mehrere Menschen teilten in dieser Veranstaltung ihre Gedanken und Gefühle zu Klimagerechtigkeit und Klimafolgen. Auf der Website der BUNDjugend kann ein Blick in die kreativen Beiträge geworfen werden.
Quellen
[1] Vetter, A., Chrischilles, E., Eisenack, K., Kind, C., Mahrenholz, P. & Pechan, A. (2016). Anpassung an den Klimawandel als neues Politikfeld. In: Brasseur, G., Jacob, D. & Schuck-Zöller, S. (Hrsg.) Klimawandel in Deutschland. Springer Verlag. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-50397-3_32
[2] Bormann, H., Böge, M., Dolman, N., Özeril, G. & Lulofs, K. (2022). Ein webbasiertes Tool zur Unterstützung mittelgroßer Städte bei der Anpassung an den Klimawandel. https://northsearegion.eu/media/23190/bormann_et_al_wasser_abfall_catch_tool.pdf
[3] Universität Potsdam (o.J.). BMBF-Projekt ExTrass: Urbane Resilienz gegenüber extremen Wetterereignissen. Abgerufen am 20.12.2023, von https://www.uni-potsdam.de/de/extrass/
[4] Universität Potsdam (o.J.). Beiträge für die Praxis. Abgerufen am 20.12.2023, von https://www.uni-potsdam.de/de/extrass/beitraege-fuer-die-praxis
[5] Möller, Sebastian (Hrsg.) (2023): Resilient in die Zukunft? Niedersächsische Landkreise im (Klima)Wandel. Eine Seminarstudie zur Klimawandelfolgenanpassung. Lüneburg: Leuphana Universität. https://doi.org/10.48548/pubdata-65
[6] Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (2023). Planspiel MainKassandra Booklet. Institut Digital Engineering. https://www.thws.de/weiterbildung/weiterbildungen/workshops/workshop-klimaschutz-und-klimaanpassung/
[7] Zentrum Klimaanpassung (o.J.). Über uns. Abgerufen am 29.12.2023, von https://zentrum-klimaanpassung.de/ueber-uns
[8] Zentrum Klimaanpassung (o.J.). Woche der Klimaanpassung. Abgerufen am 29.12.2023, von https://zentrum-klimaanpassung.de/wdka23
[9] Zentrum Klimaanpassung (o.J.). Angepasst?! – Der Podcast des Zentrum KlimaAnpassung. Abgerufen am 29.12.2023, von https://zentrum-klimaanpassung.de/wissen-klimaanpassung/angepasst-der-podcast-des-zentrum-klimaanpassung
[10] Düsseldorf (2022). Fotoausstellung zur Klimaanpassung Düsseldorf Toulouse ab sofort im Internet. Abgerufen am 10.12.2023, von https://www.duesseldorf.de/medienportal/pressedienst-einzelansicht/pld/fotoausstellung-zur-klimaanpassung-duesseldorf-toulouse-ab-sofort-im-internet/
[11] Düsseldorf (2020). Düsseldorf und Toulouse: Gemeinsam für ein besseres Klima. Abgerufen am 10.12.2023, von https://www.duesseldorf.de/internationales/freundschaften-kooperationen/toulouse/aktuelles/aktuelles-detailseite/newsdetail/duesseldorf-und-toulouse-gemeinsam-fuer-ein-besseres-klima#:~:text=Düsseldorf
[12] Düsseldorf (o.J.). Klimaanpassung Düsseldorf und Toulouse – ein europäischer Fotowettbewerb. Abgerufen am 10.12.2023, von https://www.duesseldorf.de/umweltamt/umwelt-und-verbraucherthemen-von-a-z/klimaschutz/weitere-themen/stadtklima/fotowettbewerb
[13] Susan, C. (2020). Climate anxiety: Psychological responses to climate change. Journal of Anxiety Disorders, 74 (2020). https://doi.org/10.1016/j.janxdis.2020.102263.
[14] BUNDjugend Dresden (2021). Climate Slam 2021 - Der Poetry Slam rund ums Klima. Abgerufen am 07.06.2023, von https://www.bund-dresden.de/bundjugend/climate-slam/
Ein wichtiger Hebel der Klimawandelfolgenanpassung ist blau-grüne Infrastruktur. Beim Verstehen, wo welches Element passfähig ist & bei der integrierten Planung blau-grüner Infrastruktur in einem Stadtteil kann das Infokartenset aus dem difu netWORKS-Projekt sehr hilfreich sein. Es kann hier zum selber ausdrucken heruntergeladen werden: https://networks-group.de/de/networks-4/infokarten.html Dazu gibt es auch noch umfangreiche Hintergrundlektüre: https://networks-group.de/de/publikationen.html
Im Projekt StudiKommKlima an der Leuphana Universität Lüneburg haben wir das Karteset sehr erfolgreich sowohl zum Lernen als auch zum Überzeugen politischer Entscheidungsträger*innen eingesetzt (und Spaß macht es auch noch!)
Danke für die spannende Zusammenstellung!
Aufbauend auf der oben genannten Seminarstudie („Resilient in die Zukunft? Niedersächsische Landkreise im (Klima)Wandel“) hat unsere Arbeitsgruppe im zweiten Teil des Seminars außerdem einen Praxisleitfaden zu inklusiver Beteiligung bei der Erstellung kommunaler Klimaanpassungskonzepte entwickelt. Dieser bietet eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie das Wissen und die Bedürfnisse vulnerabler bzw. marginalisierter Gruppen in Klimaanpassungskonzepte einfließen können, sowie (kommunale) Good-Practice Beispiele, eine Liste potenzieller Multiplikator*innen und weitere nützliche Materialien für kommunale Akteure: https://doi.org/10.48548/pubdata-191
einschlägig sind natürlich auch das Interview mit Noel Landaverde zur Katastrophenresilient hier auf studies4future: https://www.studies4future.de/post/katastrophenresilienz-in-honduras-und-im-ahrtal, das Interview mit Tanja Nietgen vom Forschungsprojekt KAHR über Hochwasserresilienz im Ahrtal: https://www.studies4future.de/post/wege-zur-hochwasser-resilienz und die Dürre-Impressionen aus dem Jahr 2022: https://www.studies4future.de/post/d%C3%BCrre-impressionen
Ich habe eine weitere spannende Quelle zum Thema gefunden: Die Zeitschrift "Politische Ökologie" hat kürzlich ein Sonderheft zur lokalen Anpassung an den Klimawandel unter dem Titel "Akklimatisierung" herausgebracht. Darin finden sich viele interessante Beiträge zu ganz unterschiedlichen Aspekten. Das Heft findet ihr hier: https://www.oekom.de/ausgabe/akklimatisierung-80987