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Spring School 2024

It was so nice we did it twice!


“Es wird fulminant!”, hieß es in der hochschulinternen Einladungsmail zur zweiten Spring School der HfGG. 

“Es wird das totale Chaos”, hörte man an schlechten Tagen die eine oder andere Stimme aus dem Orga-Team.

Es wurde: anstrengend, überfordernd, vielfältig, lehrreich, festlich, emotional, inspirierend, vernetzend, herzlich, aber vor allem: ein wunderbares Gemeinschaftserlebnis. 


Durch die Blockstruktur der Seminare und die vielen pendelnden Studierenden gibt es an der HfGG nur eine Handvoll Gelegenheiten, zu denen die Hochschulgemeinschaft als mehr oder weniger Ganzes zusammenkommt. Neben dem Campus Tag im Frühsommer und der Orientierungswoche zu Beginn des Wintersemesters ist nun auch die Spring School auf dem besten Weg, sich fest als solche Gelegenheit zu etablieren. 


Das Kern-Organisationsteam der Spring School bei der Eröffnung im Lichthof: Julia Klose, Jana Bocklet, Franziska Heimrich und Prof. Dr. Daniela Gottschlich (v. l.)

Inhaltlich ist die Spring School Bestandteil der methodischen Ausbildung an der HfGG. Studierende und externe Interessierte haben die Möglichkeit, fünf Tage lang spannende Workshops zu belegen. Das Angebot ist sehr vielfältig. Es beinhaltet sowohl klassische Methoden qualitativer und quantitativer Forschung, wie das Führen von Leitfadeninterviews oder die Auswertung quantitativer Datensätze, als auch ausgefallenere, interdisziplinäre Methoden. Im Folgenden findet ihr ein paar Beispiele dafür, was es in der Spring School methodisch so alles zu lernen und zu erleben gab. 



“Forumtheater” mit Armin Staffler 

Zweieinhalb Tage, etwas Theorie, ein paar Erfahrungsberichte, ganz viel Praxis. Währenddessen erinnern wir uns immer wieder gegenseitig an die Aufforderung, mit der wir in den Workshop gestartet sind: “Genießt die Verwirrung!” 


Der Theaterpädagoge Armin Staffler ist der Ansicht, er könne nicht erwarten, dass andere von ihm lernen, wenn er nicht zuerst etwas von ihnen gelernt hat. Also lernt er erst einmal unsere Namen. Zweieinhalb Tage lang sind wir eine Gruppe und erproben gemeinsam das Forumtheater. 


Die Methode des Forumtheater wurde von Augusto Boal geprägt und kommt aus dem “Theater der Unterdrückten”. Das Ziel ist eine Beschäftigung mit den sozialen Gegebenheiten und letztlich deren Veränderung. Auf der Bühne stehen keine professionellen Schauspieler:innen, sondern die Menschen, um deren Realität es geht. Diese spielen – im erweiterten Sinne – sich selbst. 

Mithilfe verschiedener theaterpädagogischer Methoden wird sich dem konkreten Thema angenähert und eine kurze Szene ausgearbeitet, die einen katastrophalen Ausgang nimmt. Die Szene wird mehrmals hintereinander aufgeführt, wobei das Publikum angehalten ist, einzelne Schauspielende zu ersetzen, das Verhalten der jeweiligen Figur zu verändern und zu beobachten, wie sich die Situation entwickelt. 


Am Ende des Workshops stehen tatsächlich drei kurze Szenen, die wir alle einmal gruppenintern als Forumtheater aufführen können, aber auch viele offene Fragen. Was bedeutet “sich selbst spielen”? Wo sind die Grenzen der Fähigkeit, sich in eine Figur hineinzudenken? Wie halte ich als moderierende Person den Raum bei den emotionalen Themen, die im Forumtheater auf den Tisch kommen? Was brauche ich noch, um eine Gruppe anleiten zu können? Und wie weit lässt sich Armin beim Verkauf seines Buchs runterhandeln? 


In zweieinhalb Tagen haben wir versucht, die Methode des Forumtheaters sowohl aus der Perspektive der Teilnehmenden als auch aus der der Anleitenden zu betrachten. Das war anstrengend und intensiv, hat aber auch viel Spaß gemacht. Besonders schön war dabei die gemischte Gruppe: Neben HfGG-Studierenden nahmen auch einige externe Besucher:innen aus dem Bereich der Theaterpädagogik teil. 




"Gestaltungsgrundlagen" mit Sarah Kowatsch und Charlotte Hammes

Wissenschaft will kommuniziert werden – und das nicht nur in verständlichen Worten. Das Auge liest schließlich auch mit! 


In dem unglaublich kurzen und undankbaren Zeitslot namens “Freitagvormittag” ist es Sarah Kowatsch und Charlotte Hammes aus der hauseigenen Grafikabteilung gelungen, die Grundlagen von Plakat- und Präsentationsgestaltung zu vermitteln – inklusive Typographie-Exkurs, Einführung in das Online-Gestaltungs-Tool “Canva” und Raum zum eigenen Ausprobieren. 


Hier eine Auswahl dessen, was dabei herausgekommen ist: 


Plakate von Jannik Bruns, Klara Müller und Anne-Ly Redlich



Instagram-Kacheln von Vanessa Phillips | Instagram: @v.phillips.art



Podcast-Workshop mit Elvis Katticaren

Während der Spring School einen ruhigen Ort im Gebäude zu finden, ist gar nicht so einfach. Am Freitag sind im ganzen Gebäude immer wieder kleine Grüppchen Studierender zu beobachten, ausgerüstet mit Mikrofonen, “Es-dauert-nur-zwei-Minuten"-Interviewpartner:innen im Schlepptau. 


Das sind die Teilnehmenden des Podcast-Workshops mit Elvis Katticaren, die den Freitag dafür nutzen, mit Audiodateien umgehen zu lernen. 


Die Ergebnisse transportieren Spring-School-Atmosphäre: 







"Kreatives Schreiben" mit Ella Elia Anschein

Eine der energetischsten Abendveranstaltungen der Woche ist sicherlich der Poetry Slam am Donnerstag. In Vorbereitung darauf hat tagsüber der Workshop “Kreatives Schreiben” mit Ella Elia Anschein stattgefunden. Die Teilnehmenden bekommen Tipps zu Themenfindung, zum Anfangen und der Arbeit am literarischen Text, sowie Feedback zu ihrer Arbeit. 


Am Abend gibt es dann die Möglichkeit, das Geschriebene im Rahmen des Poetry Slam zu präsentieren. Auch externe Beiträge sind dabei. So kommen am Donnerstagabend HfGG und Koblenzer Stadtbevölkerung im “Bistro” im Dreikönigenhaus zusammen und lauschen den ergreifenden, nachdenklich-machenden und teils urkomischen Texten der Vortragenden, während Ella Elia Anschein mit viel Witz durch den Abend führt. 


Einen kleinen Einblick in den Abend bietet der folgende Text von Daniel: 


Kurzgeschichte mit Potenzial

von Daniel Koch


"Du hast ganz schön Potenzial", sagte ihm mal jemand. Da war noch er ganz klein. Ich habe Potenzial, ja toll! Er verstand nicht, was das bedeutete. Vielleicht war es etwas, das man bergen konnte wie einen Schatz. Etwas, aus dem man etwas formen kann wie aus einem Stück Lehm. Aber wie soll ich es finden, wenn ich nicht einmal genau weiß, was es ist, dachte er. War es klein oder groß? War es glänzend oder matt? War es ein Ding oder ein Nicht-Ding?


Er hätte fragen sollen, klar. Doch er traute sich nicht. Und jetzt war es zu spät. Die Leute würden sicher komisch gucken und vielleicht würden sie sowas sagen wie: "Wer nicht mal weiß, was Potential heißt, kann auch kein Potenzial haben." Nee, dann wusste er lieber nicht, was er in sich trug, so lange er wusste, dass er es in sich trug. Es wär' doch gelacht, wenn ich es nicht selbst herausfinden könnte, dachte er, und machte sich auf die Suche nach seinem Potenzial. 


Er ging zu seinem Zahnarzt: "Guten Tag, ich habe Potenzial, und ich glaube, es ist im rechten Backenzahn. Es drückt, hämmert und pocht ganz furchtbar. Ich vermute, es will endlich raus!" Der Zahnarzt bohrte und bohrte, und am Ende war das Pochen weg, doch das Potenzial war nicht zum Vorschein gekommen. Der Backenzahn hatte eine jetzt eine Kunststoff-Füllung, die mit ultraviolettem Licht sachgemäß ausgehärtet wurde. Na super, dort kommt das Potential garantiert nicht mehr durch, dachte er und suchte weiter. 


Er stiefelte durch die Welt und traf auf die unterschiedlichsten Personen. "Guten Tag, ich bin auf der Suche nach meinem Potenzial. Wisst ihr, wie ich es finde?" Eine sagte ihm: "Nur wer loslässt, kann auch fliegen." Eine andere meinte: "Nur wer auf dem Boden bleibt, findet Halt." Für jede Weisheit, die er hörte, erzählte ihm ein anderer Mensch das genaue Gegenteil. Alles eine Frage des Willens. Alles eine Frage der äußeren Umstände. Alles eine Frage des Tuns. Alles eine Frage des Lassens. Er war verwirrt und stiefelte weiter.


Er lief durch einen Wald und kam mit allerhand Tieren und Pflanzen ins Gespräch. "Hallo, liebe Buche, liebe Drossel, liebe Rose, ich habe Potenzial, könnt ihr mir sagen, wo ich es finden kann?" "Raschel, raschel, zwerp, zwerp, zwischer, zwischer, pieks, pieks", war ihre diffuse Antwort. Er war verzückt von der Vielfalt ihrer Sprachen, und obwohl er sie nicht verstand, fühlte er sich mit ihnen verbunden. Er bedankte sich und winkte zum Abschied. "Raschel, raschel, zwerp, zwerp, zwischer, zwischer, pieks, pieks". 


Er schlug den Begriff in einem Wörterbuch nach. Da hätte ich auch früher drauf kommen können, dachte er. Naja, es ist, wie es ist, dachte er. Also, nun: "Unter Potenzial versteht man die Gesamtheit aller vorhandenen, verfügbaren Mittel, Möglichkeiten, Fähigkeiten und Energien."

Er blickte an sich herunter und stellte fest: Ich bin gesund. Er blickte um sich herum und stellte fest: Mir geht es gut. Er blickte in sich hinein und stellte fest: Ich habe eine Idee! Freudig rannte er los.


Er lief durch den Wald und rief den Waldbewohnis zu. "Ich weiß, wo ich mein Potenzial finde!" – "Raschel, raschel! Zwerp, zwerp! Zwischer, zwischer! pieks, pieks!" Er lief um die Welt und rief den Menschen zu: "Ich weiß jetzt, wo ich mein Potenzial finde!" Und schließlich lief er zu seinem Zahnarzt, schwang sich auf den Stuhl und rief: "Mein Potenzial, es ist im linken Backenzahn!"



“Sketch Notes” mit Prof. Dr. Katharina Theis-Bröhl / "Methoden der 4Future-Labs" mit Kathrin Twiesselmann-Steigerwald und Paul Kühn

Im Sketch-Notes-Workshop eignen sich die Teilnehmenden die Kunst des grafischen Notizen-Machens an. Jana hat dann gleich ihren nächsten Workshop grafisch festgehalten: 


Sketch Notes von Jana Bocklet zum Workshop "Methoden der 4Future-Labs"



Kleine Bilanz

In der Spring School wird das Dreikönigenhaus in Koblenz zu einem vielschichtigen Lernort. Zwischen Care-Plan und Veranstaltungsprogramm verschwimmen die Grenzen der Disziplinen, zu lernen gibt es an allen Ecken. Wer kann da schon genau sagen, wo die Wissenschaft anfängt oder aufhört? 


Wie immer ist neben den Inhalten auch die gemeinschaftliche Versorgung mit Essen und Unterkunft ein zentrales Thema der Spring-School-Organisation. Kaum etwas stellt die studentisch organisierte Infrastruktur so sehr auf die Probe wie eine Großveranstaltung. Letzten Endes ist aber auch das ein Lernort und vergleicht man die Arbeitsaufteilung des diesjährigen “Methodenfestivals” mit der 2023 können wir sagen: Wir haben dazugelernt. 

Auch machen wir immer wieder die Erfahrung, dass es genau diese Zeiten sind, die uns als Hochschulgemeinschaft trotz aller Überforderung Kraft geben und Lust auf das Projekt “Hochschule für Gesellschaftsgestaltung” machen. 


Es bleibt zu hoffen, dass wir uns 2025 wieder an eine solche Veranstaltung wagen. Wenn ja, können wir uns alle sehr darauf freuen. 



Welche Erfahrungen habt ihr in der Spring School 2024 gemacht, falls ihr vor Ort wart? Was würdet ihr gerne in einer möglichen Spring School 2025 im Programm sehen? Schreibt es in die Kommentare! 

 

Hintergrund

Vom 08. bis zum 12. April fand die zweite Methoden-Spring-School an der HfGG statt.


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